Heilkreis: Angst

XamAM: Ich würde gerne eine Überlegung anstellen, damit wir uns in dieser Frage ein wenig selber entblößen. Ist Angst eine Form von Selbstschutz vor der Zurschaustellung, eine Art des Sich-Versteckens vor der inneren Wahrheit? Schützt die Angst unser wahres Angesicht?

Sucherin 1:  Oft kommt hier in meiner Brust dieser Wunsch hoch, etwas zu sagen, aber ich fühle mich gebremst. Ich denke, falls ich spreche, werde ich die Liebe verlieren; ich weiß, dass ich sprechen sollte, aber es kommt nichts heraus. Ich schwinge sehr mit, wenn ich jemand anderen sehe, der den Mut hat etwas auszusprechen, mit dem nicht alle einverstanden sind. Ich bewundere diejenigen, die direkt das sagen, was der Begegnung mit ihrer inneren Wahrheit entspringt. Aber mir gelingt das nicht. Mein Herz schlägt wild und doch kommt nichts heraus.

XamAM : Du musst herausfinden, wer oder was Deine Vorstellung in diesen Momenten bevölkert, und wer Dich daran hindert, Dich auszudrücken. Welche Gespenster bevölkern Deinen Geist in diesem Moment? Wer hindert Dich daran, zu sagen, woran Du glaubst? Wer sagt Dir: „schweig still, bleib ruhig und Du wirst Dich nicht verletzen“? Das sind Gespenster, die Dich gefangen halten und Dir nicht erlauben, zu fliegen.

Sucherin 1 :  Ja, das ist wahr. Wenn ich in der Tiefe daran denke, dann fühle ich mich klein, noch wie ein Kind, das sich still verhalten muss.

Sucherin 2 : Aber warum machen wir mit diesen Erinnerungen weiter? Ich habe so viele therapeutische Arbeiten gemacht, so viele Rituale, und bin immer noch Gefangene dieser Gespenster. Ich sehe mich noch immer mit der Angst zu verlieren, mit der Angst nicht gut aufgehoben zu sein an Plätzen wo ich es liebe zu sein, mit der Angst dass Menschen mir nicht wohlgesonnen sind – so bin ich, ängstlich.

Sucherin 3: Das ist anscheinend alles in unserem Körper gespeichert. Wie können wir das verändern?

XamAM : Verändern bedeutet, diesen verdammten Platz, der so hart erobert wurde, zu verlassen, nämlich den Platz des Schweigens, dann wenn ich eigentlich sprechen will. Das bedeutet die unbedingte Notwendigkeit, immer wieder alle Werkzeuge zu nutzen, die wir zur Hand haben und die wir über Jahre emotionaler und spiritueller Arbeit gelernt haben. Unsere Werkzeuge sind die Gebete, die Meditationen, die Lagerfeuer, das Wandern durch den Wald, die Atmung, die Lieder, die Reinigungshütte, die Stille...wir haben so viele Werkzeuge. Schamanen werden von dem Augenblick an als kompetent angesehen, ab dem sie ihre Ausrüstung mit Geschick anzuwenden wissen.  Der spirituelle Weg ist eine lange und tiefe Schule. Wir lernen etwas und bald darauf werden wir getestet vom Leben. Werden wir unsere Werkzeuge und unser Erlerntes anzuwenden wissen oder nicht?

Sucherin 4 : Aber, unser alltägliches Leben lässt uns das wieder vergessen...

XamAM : Ja, allerdings ergibt sich dieses Vergessen erst durch eine mangelnde Anwendung unserer Werkzeuge.

Sucherin 1: Das ist wahr, in meinem Leben war das so, ich hatte Angst frei zu sprechen; als ich klein war, wies meine Mutter mich immer an zu schweigen, meine Anliegen fallen zu lassen; und um keine Verwirrung zu verursachen, schwieg ich dann. Auf diese Weise machte ich weiter, ohne mich auszudrücken zu wissen. Stumm und verstopft, entwickelte ich in mir verschiedene Symptome: Schilddrüse, Unterkieferschmerz...und erst jetzt, nach so vielen Jahren der Arbeit, so vielen Ritualen, vermag ich zu sprechen; es fühlt sich an als begänne ich erst zu sprechen, meine Stimme in der Welt auszudrücken. Mein Herz schlägt stark, wenn ich sprechen muss, aber ich bekomme das hin.